Eine Schwester erzählt

nun war es mal wieder so weit, die Kleene, so nennen  wir Carlotta immer, Sie ist meine Lieblingsschwester und Sie ist anders als der Rest der Familie, wir schenkten Ihr zu Ihrem Namenstag ein neues Handy, iPhone 5 goldig sollte sein.


Frau Elster lässt grüßen! Seid diesem Tag, ist alles anders, nein, ein Kind hat Sie nicht bekommen, es war immer Ihr größter Wunsch... auch nicht einen zweiten Hund - der eine reicht voll aus. Was sich bei uns klammheimlich eingeschlichen hat ist mittelgroß, rechteckig und will ständig gedrückt und gestreichelt werden.



Seit dem Carlotta  ein iPhone hat (mittlerweile Nummer 5), geht sie abends  mit  dem iPhone ins Bett, schaltet es morgens noch im Halbschlaf an und sie bleibt, wenn es ihr möglich ist, untrennbar mit ihm verbunden.  :D



Früher hat Sie mich, wenn wir einen Mädels Abend, ich nicht noch 50km fahren wollte, bei Ihr geschlafen habe, mich immer liebevoll mal in den Arm genommen - vorbei!!! Nun gilt ihr letzter Blick vor dem Einschlafen nicht mehr mir, auch nicht Aby, die auch schon etwas irritiert,  sondern den Ntv-Nachrichten und Facebook-Einträgen. Anfangs dachte ich, das Ding ist neu, ist doch klar, dass sie damit einige Zeit verbringt, ich bin ja nicht eifersüchtig,  Sie ist ja meine Lieblingsschwester, anders als der Rest der Familie, wir lieben Sie so wie Sie ist, aber hier kann man es werden!

Ich kannte das Spiel ja schon von dem MP3 Player, den wir Ihr zum Geburtstag geschenkt hatten. Ein paar Wochen heftiger Verliebtheit, dann  war  wieder alles beim Alten, dann normalisiert sich die Beziehung zu diesem Gerät. Doch diesmal ist alles ganz anders, so etwas habe ich Sie noch nie erlebt...

Die Kleene, so nennen wir Sie ja immer, ist süchtig nach ihrem iPhone. Man erkennt es immer an ihrer Kopfhaltung; stets leicht gebückt, nach unten schauend.........

Morgens beim Kaffee trinken auf dem Balkon, als ich letzte Woche bei Ihr schlief, isst sie ihr Müsli mit der einen Hand und checkt dabei die Online-Nachrichten, die von Facebook gleich dazu, rettet dann am Morgen schon gleich die Welt, am Tage muss sie ja arbeiten. So erfahre ich schon bei dem ersten Schluck Kaffee, welche Katastrophen sich in der Nacht ereignet haben und was wir - ich meine sie – dagegen tun sollten. Früher war alles anders, früher drehten sich die meisten Gespräche um uns, die Familie Freunde. Nun ist  Carlotta fremdgesteuert.


Gehen wir mal mit Abygáil  spazieren,  kann jederzeit eine E-Mail  eintrudeln, von einem Freund dem es nicht gut geht, von einem Kunden, der noch etwas ganz Wichtiges mit meiner Schwester zu besprechen hat, oder sie muss wieder mal die Welt retten. Sitzen wir in unserem Lieblings-Café, liegt das iPhone immer gleich griffbereit auf dem Tisch und es dauert keine 5 Minuten, bis sie unbedingt etwas im Internet nachsehen muss. Ich habe die Wahl, ihr dabei zu zusehen, oder selbst ein bisschen mit dem iPhone zu spielen; ich gebe zu, ich bin auch nicht ganz Immun.

An ein richtiges Gespräch ist leider nicht zu denken. Leben ist das, was passiert, während du auf dein iPhone schaust, sage ich, auf das bekannte John-Lennon- Zitat anspielend. Verdirb mir nicht den Spaß, murrt sie dann ein bisschen. Aber ganz ehrlich, habe ich überhaupt das Recht, sie zu kritisieren, schließlich surfe ich selbst oft lange durchs Netz!

Ich liebe meine kleine Schwester, mit all ihren kleinen und großen Verrücktheiten und vielleicht gerade deswegen. Wenn Sie nicht so ist, habe ich es vermisst, es tut der Liebe keinen Abbruch, ich weiß, dass  Sie immer für uns da ist, gerade weil Sie anders ist. 

In Liebe Eve

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